Kulturnachrichten
Liebe Freundinnen und Freunde der Kultur,
jeden Tag präsentieren wir Ihnen eine historische Begebenheit oder eine Sehenswürdigkeit aus Baden-Württemberg.
Auch während der Corona-Zeit soll die Beschäftigung mit Kultur und im Besonderen der Kulturgeschichte nicht zu kurz kommen.
Es grüßt Sie sehr herzlich,
Jeff Klotz mit dem Team des J. S. Klotz Verlagshauses
Tag 8: Ständeturm | "Archivturm"
Das erste badische Parlamentsgebäude ist der heute als "Archivturm" bezeichnete Ständeturm des Pforzheimer Schlosses. Es ist das älteste erhaltene Profangebäude der Pforzheimer Innenstadt und das einzig erhaltene Gebäude des Pforzheimer Schlosses, einst von Zähringern und später den Badenern als Residenz genutzt. Der Turm beherbergte im Obergeschoss mit der "Landschaftsstube" den Landständesaal, also den Versammlungsort des Ständeparlaments der Markgrafschaft Baden. Später zog dieses Parlament nach Durlach bzw. Karlsruhe um, wo es mit dem Ständehaus auch ein neues Gebäude erhielt. Der institutionelle Ursprung des badischen Parlaments und damit auch der Verfassungsgeschichte der Markgrafschaft und des Großherzugtums Baden liegt jedoch im "Archivturm", den schon der Begründer des Landesdenkmalamts, Emil Lacroix, Anfang der 1930er Jahre als "Ständeturm" bezeichnete. Das heutige Gebäude stammt in den unteren Partien noch von den Umbaumaßnahmen des Schlosses um 1440-1450, als Pforzheim "residenziell" umgestaltet wurde, das aufragende Mauerwerk ab dem ersten Geschoss stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts und fällt in die Zeit kurz nach Reuchlin und Luther. Sobald es die Umstände zulassen, werde ich hier Veranstaltungen anbieten.
Tag 5: Schlettstadt | Sélestat
Schlettstadt (Sélestat) im Elsass gehört zu den faszinierendsten und geschichtsträchtigsten Orten am Oberrhein. Die Stadt hat gleich zwei große Kirchen, St. Fides (im Bild), durch Kaiser Friedrich Barbarossa 1170-1180 errichtet und St. Georg, die gotische Pfarrkirche. Bedeutend war und ist Schlettstadt wegen seiner Lateinschule und der dazugehörigen Humanistischen Bibliothek, der größten erhaltenen dieser Art. Die Lateinschulen von Pforzheim und Schlettstadt hatten auf vielen Ebenen eine enge Verbindung von 1470 bis 1540. Das Museum zur Bibliothek und Lateinschule wurde erst 2018 nach einem großen Umbau neu eröffnet. Schlettstadt ist immer einen Besuch wert! Freuen wir uns auf den nächsten Besuch und grüßen wir unsere französischen Freunde links des Rheins in diesen schweren Tagen.
Tag 2: St. Candidus in Kentheim
Sie ist eine der ältesten steinernen Kirchen in Baden-Württemberg. Schon im 9. Jahrhundert ließ das Kloster Reichenau hier bei Calw den steinernen Vorgänger der heutigen Kirche errichten. Um 1070 begann der Bau des heute noch sichtbaren Gebäudes. Eine Besonderheit des romanischen Kleinods sind die spätmittelalterlichen Fresken im Inneren. Sie stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert und stellen in flächendeckenden Zyklen alttestamentliche Szenen solche des Neuen Testaments gegenüber. Sobald es wieder möglich ist, werde ich eine Führung anbieten.
Tag 7: Schlosskirche Pforzheim
Der siebte Tag dieser Reihe ist jenem Ort gewidmet, der mir von allen Orten überhaupt am meisten bedeutet: Der Schlosskirche Pforzheim bzw. dem dazugehörigen Schlossareal. Von der einstigen Kaiserpfalz, der Zähringischen Burganlage und der badischen Residenz ist bis auf die Schlosskirche, dem Archivturm und die wiedererrichtete Einnehmerei nichts mehr erhalten. Umso wichtiger war mir ein lang angelegtes Forschungsprojekt mit digitaler Rekonstruktion des Pforzheimer Schlosses um 1550, also zur Zeit, als Pforzheim badische Residenz und eine der größten Städte im Südwesten war. Man kann den Pforzheimer Schlossberg auch in seiner heutigen topographischen Gestalt nur verstehen, wenn man um das Schloss weiß. Selbst im modernen Pforzheim zeigt sich einem die Schlossanlage, wenn man um sie weiß, deutlich. Diese digitale Rekonstruktion, die gerne mit Urheberverweis beliebig verwendet und weitergereicht werden darf, soll ein kleiner Beitrag sein, die Geschichte einer bedeutenden süddeutschen Residenz nicht vergessen zu lassen. Und es soll auch erklären, warum die historisch größte Kirche der Stadt lange Zeit gar keine öffentliche Pfarrkirche, sondern eine fürstliche Schlosskirche war.
Tag 4: Bundesverfassungsgericht Karlsruhe
Was man oft nicht auf dem Schirm hat, sind Gebäude der Nachkriegszeit. So verfügen Stuttgart, Karlsruhe und Pforzheim über beachtliche Beispiele der Architektur der 50er und 60er Jahre. Ein besonderes Beispiel ist das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. 1960 stellten Stadt und Land den Standort des im Krieg abgebrannten Hoftheaters zur Verfügung, 1965 bis 1969 erschuf Paul Baumgarten fünf Pavillons aus Glas, Beton und Holz. Was zunächst Aufsehen erregte, ist heute nicht wegzudenken. Das Verfassungsgericht, ein großartiges Resultat deutscher Rechtsgeschichte nach 1945, ist also nicht nur ein institutioneller Garant für die Stabilität unseres Staatswesens, sondern zugleich in einem beeindruckenden Gebäude untergebracht, das eine besondere Leichtigkeit vermittelt. Welch großartige baupolitische Aussage ist es, die mächtigste Institution eines Landes bescheiden unterzubringen und nicht etwa repräsentative Großbauten hierfür zu errichten!? Es ist diese frühe bundesrepublikanische Zurückhaltung, die half, nach 1945 wieder Zugang und Freundschaften in der Welt zu finden. Nirgendwo drückt sich die Bedeutung der Architektur für die frühe Bundesrepublik augenfälliger aus als hier in Karlsruhe - nicht einmal in Bonn. Unmittelbar dahinter befindet sich der Botanische Garten mit der Kunsthalle Karlsruhe, der wohl schönsten Perspektive auf das Gerichtsgebäude. Auch ein Blick ins Innere lohnt zu den möglichen Besuchszeiten oder Führungen nach dieser Krise. Das Verfassungsgericht beherbergt eine beachtliche Kunstsammlung des 20. und 21. Jahrhunderts. Einen erholsamen Karfreitag wünsche ich allen.
Es geht los: Heute beginnt ein neues Format!
Zur Zeit ist uns das Erkunden, Kennenlernen und Staunen über kulturelle Höhepunkte im Südwesten nur bedingt möglich. Jeden Tag stelle ich daher ab heute eine Sehenswürdigkeit vor. Das soll kein Ersatz für Besuche sein, sondern Lust machen auf einen kulturellen Sommer oder Herbst.
Das erste Bild zeigt die Alte Kelter Ellmendingen - eines der am besten erhaltenen Kelter-Gebäude überhaupt. Im 16. Jahrhundert gegründet, wurde es im 18. und zuletzt im 19. Jahrhundert erweitert. Noch heute ist Ellmendingen ein Ort mit reicher Weinbautradition.
Tag 6: Burgruine Zavelstein
Die Burgruine Zavelstein (Bad Teinach) verkörpert wie keine andere Burg die machtpolitischen Interessen Württembergs im Schwarzwald. Die vielen hier konkurrierenden, teils mit Eberstein und Baden durch Lehen oder Zusammenarbeit verbundenen Adelshäuser bildeten eine reale Herausforderung für das Haus Württemberg. Eine der obersten Maxime der Politik des 14. Jahrhunderts musste daher die Zerschlagung dieser Strukturen und die Erlangung strategisch wichtiger Orte sein. So griffen die Württemberger nach Neuenbürg, Calw und Zavelstein, das sie zu einer beachtlichen Festung ausbauten. Die 1303 erstmals urkundlich erwähnte Anlage diente so auch als wichtiger Ausgangspunkt für die Zerschlagung des Ritterverbunds der Martinsvögel und später des Schleglerbundes. Die kleinen Ritterschaften hatten Jahrzehnte lang versucht, sich dieser Einmischung zu erwehren. Gemeinsame Sache machte das Haus Württemberg hierbei mit dem Hause Baden. Gemeinsam arbeiteten sie gegen die kleinen Häuser des Schwarzwaldes und installierten in der Folge Familien, mit denen beide zurecht kamen. Bestes Beispiel ist hierfür Tiefenbronn, wo die Familie Stein zu Steinegg wegen der Beteiligung an einem solchen Ritterbund bestraft und dann durch die gefällige und treue Familie v. Gemmingen ersetzt wurde. Dieser Akt der badisch-württembergischen Eroberung des Nordschwarzwaldes ist auf den Glasmalereien des Tiefenbronner Chores von 1395 festgehalten, wo beide Wappen siegreich zusammenkommen. Zurück zu Zavelstein: Aufgrund der prekären finanziellen Situation des Hauses Württemberg wurde die Burg Zavelstein seit dem 16. Jahrhundert mehrfach als Lehen weitergegeben. Schließlich erhielt 1612 das Haus Buwinghausen v. Wallmerode die Anlage und bewohnte sie für drei Generationen bis zur Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch französische Truppen 1692. Zwischen 1612 und 1692 bauten die Buwinghausen die Burg in ein repräsentatives Schloss um. Leider haben keine der Schlossteile Zerstörung und Brand von 1692 überdauert. Die Buwinghausen verließen Zavelstein und Württemberg übernahm wieder die Verantwortung. 1844 wurde die Ruine gemäß der Ruinenromantik des 19. Jahrhunderts in ein Ausflugsziel mit Aussichtsturm umgebaut. Die Burgruine Zavelstein ist also ein echtes Stück baden-württembergische Geschichte und immer einen Besuch wert.
Tag 3: Das Fachwerkdorf Lienzingen
Das Fachwerkdorf Lienzingen kann ohne Zweifel als das „Rothenburg an der Enz“ bezeichnet werden. Kein Ort der Region verfügt in der Gesamtheit über einen besser erhaltenen historischen Ortskern. Hinzu kommen äußerst gelungene Sanierungsobjekte. Ein Besuch von Lienzingen wird durch einige weitere Punkte noch ratsamer: Die Kirchenburg mit der Peterskirche gilt als eine der am besten erhaltenen ihrer Art, das ehrenamtlich betriebene Café Kirchenburg (im Fachwerkhaus im Bild) ist einen Besuch wert und manche der Fachwerkgebäude sind aus Flößerholz errichtet. Zudem locken das Gasthaus zum Nachtwächter und das neu eröffnete Christbaumständermuseum in den Ort. Zweifelsfrei gehört Lienzingen zu den beeindrucktendsten Dörfern in Baden-Württemberg. Ich arbeite deshalb auch an einem Ortsführer und danke vor allem Günter Bächle und dem Ortshistoriker Roland Straub für die tolle Unterstützung.
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